Gjallarhorn

„Die dümmsten Bauern haben die dicksten Kartoffeln.“ – Ein abgedroschener Alman-Spruch, dessen wahren Kern meine Freunde Dominik und Holger häufig bestätigt sahen, als wir 2014 so richtig auf Destiny hängen geblieben waren. Ein Problem, das den oft belächtelten, dennoch selten erreichten Looter-Shooter bis heute verfolgt, war bereits damals allgegenwärtig: Die Übermacht bestimmter Waffen. Im ersten Jahr Destiny war der exotische Raketenwerfer „Gjallarhorn“ obligatorisch für die meisten Endgameaktivitäten, denn er pulverisierte jeden Bossgegner in Rekordzeit.
In fremden Spielergruppen mussten man sich damals nicht wundern, wenn es ohne diese Waffe hieß: Du bist der Schwächste, du fliegst – und tschüss!

Beinahe das komplette erste Jahr hinweg, sind Dominik, Holger und ich jeden Dienstag, pünktlich zum wöchentlichen Reset mit jedem unserer Charaktere durch den so genannten Dämmerungsstrike gelaufen, damals DIE Quelle für exotische Drops und eine der wenigen Möglichkeiten, die seltensten Waffen des Spiels zu bekommen. Aber Gjallarhorn wollte und wollte einfach nicht droppen, bei keinem von uns! Etwa ein Jahr lang ging das so, bis schließlich die erste große Erweiterung des Spiels ihr Erscheinen ankündigte: „Der König der Besessenen“. Spätestens jetzt sollte Gjallarhorn obsolet werden, haben alte Gegenstände in neuen Spielerweiterungen doch meist einen schweren Stand. Frühestens jetzt sollte uns Fortuna allerdings endlich gewogen sein.

Eines schönen Dienstags waren wir wieder in der Dämmerung unterwegs, als ich plötzlich einen wichtigen Anruf bekam und nur noch passiv am Spiel teilnehmen konnte. Dominik und Holger spielten die damals besonders nervige Omnigul-Mission als Duo zuende. Mein Hüter trabte faul nebenher, während ich eine gefühlte Ewigkeit am Telefonhörer hing und lediglich ab und zu den Stick bewegte um nicht wegen Inaktivität aus dem Spiel geworfen zu werden.

Plötzlich ein Aufschrei im Party-Chat! Ich hatte das Headset beiseite gelegt, merkte aber sofort was los war – nur eben nicht bei wem. Als das Telefonat beendet war, bekam ich in der Party nur noch den einleitenden Spruch dieses Artikels zu hören. Dominik und Holger zogen meinen leblosen Avatar durch dieses nervenraubende Game und unser lang umworbenes Gjallarhorn erdreistete sich, ausgerechnet in meinem Inventar frech aufzublinken!

Als wenige Wochen später die Erweiterung erschien, fand unser Dreiergespann nur noch selten dienstags zusammen. Ob bezüglich meines Bauernglücks noch Ärger in der Luft lag, konnte ich mir allerdings nicht vorstellen. Von meiner dicken Kartoffel hatte ich nun ohnehin nicht mehr viel. Wie zuvor prophezeit, wurden alle Waffen aus „Jahr 1“ mit der Erweiterung praktisch wertlos.


Destiny wurde von Bungie entwickelt und von Activision vertrieben. Der MMO Shooter wurde zwischen 2014 und 2017 aktiv supportet und mit regelmäßigen Updates versorgt. Destiny ist sowohl für Xbox One und PS4, als auch für Xbox 360 und PS3 erhältlich.

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