Unzählige „Die besten Videospiele aller Zeiten“-Ranglisten lassen sich im Internet finden und fast immer sind darin gleich mehrere Ableger der Zelda-Reihe vertreten. Fast immer landet The Legend of Zelda: Ocarina of Time auf dem ersten Platz. Habe ich nie gespielt. Das stößt bei Zelda-Fans – und irgendwie sind ja fast alle ernstzunehmenden Videospieler*innen auch immer ein bisschen Zelda-Fan – häufig auf Unglauben und Entsetzen. Ich kann das nachvollziehen und glaube sogar, dass mir Ocarina of Time richtig viel Spaß machen würde. So wie ein Großteil der anderen Zelda-Ableger vermutlich auch. Aber die habe ich auch alle nicht gespielt – mit Ausnahme von The Legend of Zelda: Link’s Awakening. Das klingt jetzt dramatischer als es tatsächlich ist, aber dieses Spiel ist untrennbar mit einem kleinen Kindheitstrauma verknüpft, das mich seitdem davon abgehalten hat, jemals wieder einen Zelda-Titel anzurühren. Und auch in anderer Hinsicht hat mich Link’s Awakening ein bisschen paranoid werden lassen. Bis heute.
Das Modul von The Legend of Zelda: Link’s Awakening steckte monatelang in meinem GameBoy und ich habe übertrieben viele Stunden mit diesem Spiel verbracht. Hauptsächlich deshalb, weil ich meist völlig planlos durch die Welt gestolpert bin und nicht so recht wusste, wie ich denn nun überhaupt weiterkomme. Link’s Awakening war sauschwer! Die unendlich lange Suche nach irgendeinem Kraftarmband, mit dem sich schwere Dinge (die meinem Fortschritt buchstäblich im Wege standen) hochheben ließen, ist mir heute noch sehr präsent. Ebenso, wie die harten (oft einäugigen?) Bossgegner, die mir damals alles abverlangt haben. Aber irgendwann stand ich tatsächlich am Fuße dieses Eier-Nest-Berges, auf dem der finale Endboss und damit das Ende des Spiels auf mich warteten. Das jedes Ende auch ein Anfang sein kann, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Statt meinen Spielstand nach dem Einschalten des GameBoys auswählen zu können, erblickte ich einen schlafenden Link am Strand – die komplette Anfangssequenz, die doch so viele Monate zurücklag, flimmerte über den Bildschirm. Er hatte es schon wieder getan: Mein Bruder hatte meinen Spielfortschritt durch falsches Speichern zerstört. Alles weg.
Meiner Wut verlieh ich altersgemäß Ausdruck: Ich habe ich stundelang geheult. Die Entschuldigungen konnte sich mein kleiner Bruder dorthin schieben, wohin sich meine Eltern ihre Beschwichtigungsversuche schieben konnten. Einen Monat habe ich nicht mit ihm gesprochen. Familienkrise. Seit diesem Vorfall war die komplette Zelda-Reihe für mich verbrannt. Das ist null rational und das ist null plausibel, aber kein einziges Zelda-Spiel habe ich seit diesem Speicherfiasko mehr angerührt. Zudem leide ich seitdem unter einer Speicherstand-Paranoia: Bis heute sichere ich wichtige Spielstände doppelt (seit Cloud Saving teilweise sogar dreifach). Während der Nintendo 64-Zeiten hatte ich eine zweite Memory Card, die lediglich als Backup diente. Seit USB-Slots an Konsolen üblich sind, sichere ich Spielstände zusätzlich auf einem USB-Stick. Diese Mehrarbeit gibt mir ein gutes Gefühl. Mein Spielfortschritt ist sicher. Selbst wenn mein Bruder sich nachts unbefugt Zutritt zu meiner Wohnung verschaffen sollte, um mich und meinen Videospielfortschritt mal wieder zu torpedieren, habe ich immer noch ein Ass, bzw. einen USB-Stick, im Ärmel. Du hast keine Chance mehr. Hörst du? Du hast keine Chance mehr!
26 Jahre nach dem GameBoy-Release erschien 2019 ein Remake von The Legend of Zelda: Link’s Awakening für die Nintendo Switch. Zahlreiche Verbesserungen und neue Features verspricht die Switch-Version. Das Speichersystem wurde allerdings unverändert von der GameBoy-Version übernommen. Wie kann man nur an solch elementaren Dingen sparen?!
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