Lootboxen

Am 26. März 2021 hat nach dem Bundestag auch der Bundesrat dem neuen Jugendschutzgesetz aus einem Entwurf des Bundesfamilienministeriums zugestimmt. Ab 1. Mai 2021 soll das neue Gesetz in Kraft treten und unter anderem auch neue Regeln zu den hochumstrittenen Lootboxen in Onlinespielen mit sich bringen. Das Familienministerium schreibt dazu: „Das Gesetz sieht vor, dass etwa Kostenfallen, unbeschränkte Kontaktfunktionen oder glücksspielähnliche Elemente durch Kennzeichnungen mit Symbolen, die neben die bekannte Alterskennzeichnung tritt, transparent gemacht werden müssen.“ Eine Kennzeichnungspflicht auf der Verpackung? Gegebenenfalls ein 18er-Logo auf der Box bei allzu hartem Ingame-Glücksspiel? Ursprünglich war sogar die Rede davon,  „Kostenfallen wie ‚Loot Boxes‘ standardmäßig zu deaktivieren“. Davon scheint im fertigen Gesetz nicht viel übrig geblieben zu sein. In den heutigen Mixtakes fragen wir deshalb: Kennzeichnungspflicht für Lootboxen: Reicht das?

„Kinder können nicht mit Geld umgehen.“

Sven Himmen

Als Kind habe ich einmal alle meine Wrestlingkarten auf dem Schulhof verzockt. Jeder schmiss eine gegen eine Wand und wer am nächsten dran lag, erhielt alle geworfenen Karten. Immer und immer wieder. Wir waren ziemlich clever. Darum habe ich anschließend auch mein ganzes Geld für neue Karten ausgegeben, um diese ebenfalls gegen Wände zu werfen. Kinder können nicht mit Geld umgehen. Lootboxen sprechen genau das an und versuchen, davon zu profitieren. Dies zu kontrollieren ist unglaublich wichtig. Letztendlich liegt es aber auch an den Eltern, Kindern beizubringen, auf ihr Geld zu achten. Eis habe ich in der Wrestlingkartenzeit keins bekommen.


„Mit etwas Glück verdient man mehrere tausend Euro…“

Joshua Hampf

Mein Wissen über Lootboxen stammt von Schüler*innen aus „meiner“ 9. Klasse. Einer der Schüler erinnerte seinen Mitschüler in der 5-Minuten-Pause daran, dass er ihm noch 20 Euro schulde. Sein Taschengeld – und auch das bei Freunden geborgte Geld – ging konsequent für Lootboxen in Counter Strike: GO drauf. Mit etwas Glück, erklärte er mir, könne man mehrere tausend Euro mit nur einem Messerskin auf den entsprechenden Marktplätzen verdienen. Vielleicht noch schlimmer als das verlorene Geld für „Waffen-Kosmetik“ war das zeitliche Ausmaß, das seine Glücksspielssucht angenommen hatte: Wenn sein Geld nicht mehr zum Kauf von Lootboxen ausreichte, schaute er stattdessen Livestreams (mehrere Stunden täglich auf YouTube) von anderen CS: GO-Spieler*innen, die mit großem Geldeinsatz eine Lootbox nach der anderen öffneten. Neben der finanziellen Verschuldung übrigens ein weiteres typisches Symptom der Spielsucht. Eine Kennzeichnungspflicht reicht hier nicht aus: Kinder und Jugendliche müssen durch strenge gesetzliche Regelungen davor geschützt werden.


„Bei FIFA gibt es kein Licht am Ende des Tunnels.“

Thomas Steuer

Wir erinnern uns doch alle an die Lootboxen unserer Kindheit: Panini-Sticker, Pogs, Gogos… Ein Glück, dass wir bei den Diddl-Blöcken zumindest vorher wussten, was wir bekommen. Wir erinnern uns auch, dass dafür zwar das komplette Taschengeld draufgehen konnte, aber jeweils auch immer ein Licht am Ende des Tunnels erkennbar war. Bei FIFA gibt es dieses Licht nicht. Ultimate Team muss jedes Jahr neu gestartet werden, es muss immer wieder aufs Neue ein Team aufgebaut werden. Durch reines Spielen dauert der Vorgang endlos lange, deshalb kürzt man ab über Lootboxen, in der Hoffnung Topspieler zu ziehen. Diese Suchtmechaniken in Kombination mit Spielfortschritt müssen aufhören. Allein schon, weil unsere Kinder nicht mehr lernen, was ein gutes Spiel wirklich ausmacht und warum Anstrengung zum Weiterkommen durchaus erstrebenswert ist. Eine Kennzeichnungspflicht reicht daher nicht aus. Auch wenn es aktuell schwer vorstellbar ist, ein FIFA müsste sich inhaltlich grundlegend ändern, um das 18er-Label zu verhindern.

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