health bar horror

Als ich kürzlich durch das Remake von Resident Evil 3 schlich, merkte ich mal wieder, wie sehr mich die Horroraspekte dieser Reihe mittlerweile kalt lassen. Weder einzelne Schockmomente, Jump Scares oder überwältigende Gegnerhorden sorgen dafür, dass mir die Lust am Spiel vergeht. Das war vor einiger Zeit noch anders. Über die Jahre hat sich allerdings ein simples Detail herauskristallisiert, dass mich regelmäßig unheimlich stresst und dessen sich die Resident-Evil-Spiele, insbesondere in den Neuauflagen, nur allzu gerne bedienen. Nämlich das Fehlen von Energieleisten, vor allem bei Bossgegnern. In Resident Evil 3 ist es mir insbesondere bei der gigantischen Kreatur nach der Brücke aufgefallen. Ein Bossfight, in dem mich der überdimensionierte Gegner eine gefühlte Ewigkeit durch ein Rondell der Grausamkeit trieb, weil ich nie auch nur im geringsten abschätzen konnte, ob ich mich hier gut schlage oder überhaupt nennenswerten Schaden verursache. Die Endgegner der RE-Reihe sind schließlich auch dafür bekannt, selbst bei Schrotflintenfeuer aus nächster Nähe nur kurz die Kassenlade nach hinten zu werfen, um ihren Vernichtungsfeldzug unverzüglich fortzusetzen. Als ob sie sich ihres Daseins als undurchsichtige Bulletsponges bewusst seien und in Begegnungen mit mir stets innerlich in sich hineingrinsen. Nicht zu wissen woran man ist, ein Gefühl, das vielleicht auch einfach ungelöste Traumata aus meiner Pubertät aus dem Unterbewusstsein hervortreibt.

Apropos Pubertät: Keine Spiele-Reihe hat meine Adoleszenz mehr geprägt als das altehrwürdige Halo. Wenn ich die klassischen Teile heute hervorkrame, merke ich, dass sie damals auch schon fleißig an meinem Trauma mitgewerkelt haben. Denn bei Halo frisst jeder Standardgegner literweise virtuelles Blei ohne dir in irgendeiner Art und Weise visuell den aktuellen Stand seines körperlichen Befindens mitzuteilen. Früher scheint es mich kaum gestört zu haben, heutzutage nervt es mich unendlich! Nun geh halt endlich down, du hässlicher Grunt! Mir fehlt die Zeit für dein Theater, hier warten noch vierunddrölfzig deiner Artgenossen. Entwickler Bungie ist sich dessen offenbar bewusst geworden. In Destiny und Destiny 2 gibt es keine Gegner mehr ohne Energieleiste. Jeder Mob und jeder Boss zeigen jederzeit klar ersichtlich an, wie viel sie noch einstecken können. Vielleicht erklärt auch das den immensen Entspannungsgrad, den mir Bungies Looter-Shooter bietet. Ein Headshot ist hier auch ein Headshot, der Gegner ist platt. In Halo braucht jeder so genannte Major mehrere davon, bis endlich Ruhe ist. Was offenbar eine zusätzliche Herausforderung darstellen soll, stört den Spielfluss letztlich gewaltig. Ähnlich empfinde ich es auch bei einem Resident Evil 3. Dabei erreicht die Horrorreihe damit ja letztlich nur, was ihren Markenkern ausmacht und was mir anderweitig bei ihr verloren gegangen ist. Innere Unruhe auszulösen.


Resident Evil 3 ist ein Horrorspiel von Capcom, Halo und Destiny sind legendäre Ego-Shooter aus der Feder von Bungie. Manche dieser Spiele verursachen Traumata, andere heilen sie.

This post is also available in: Englisch

Share: