Weihnachten auf dem Mars

Also gut. Es ist an der Zeit, damit an die Öffentlichkeit zu gehen: Ja, ich bin ein Griesgram. Ja, ich werde alt. Ja, die Welt geht mir ganz allgemein gesprochen total auf die Nerven. Und vor allem kann ich eine Sache nicht mehr hören: Dass Stirb Langsam oder von mir aus auch Die Hard ein Weihnachtsfilm sei. Ich kann das wirklich nicht mehr hören. Ich weiß, dass der Film an Weihnachten spielt und von mir aus macht ihn das zu einem Weihnachtsfilm. Aber erzählt mir nicht jedes Jahr zu Weihnachten, dass ihr Stirb langsam guckt. Und erwähnt es nicht jedes Mal mit einem breiten Grinsen, wenn wir über Weihnachtsfilme reden, als wäre es noch etwas Besonderes und nicht schon vor unzähligen Jahren vom Popkulturrefererenzenabschaum etabliert worden.

Doom 3 dagegen ist ein Weihnachtsvideospiel. Warum? Weil ich es jedes Jahr an Weihnachten installiere. Ich schreibe diesen Text am 01.12.2021 und habe es tatsächlich gerade eben im Hintergrund installiert. Das sind die Blicke hinter die Kulissen, die man normalerweise nur von einer Patreon-Kampagne erwartet. Aber bei mir gibt es so etwas komplett umsonst. Weil bald Weihnachten und dieser Text deswegen ein Weihnachtstext ist und wenn ihr alle diesen Text von nun an nicht jedes Jahr zu Weihnachten lest, werde ich RICHTIG grantig.

Doom 3 spielt Mitte November. Wenn man nach den Lebkuchenmengen in Supermärkten zu dieser Zeit geht, ist das also schon irgendwie Weihnachten. Es gibt zwar keine Tannenbäume auf dem Mars, dafür sieht die Marsoberfläche aber aus wie ein riesiger Weihnachtskeks, auf dem ein kleines bisschen zu oft herumgetrampelt wurde.

Ich weiß um ehrlich zu sein nicht, warum ich Doom 3 jedes Jahr zu Weihnachten rauskrame und spiele. Ich weiß nicht einmal mehr, wann ich damit angefangen habe. Irgendwie wurde das von mir selbst so etabliert und ich habe keine Lust, diese Tradition zu hinterfragen.

Stattdessen hinterfrage ich die Menschen, die Doom 3 dafür kritisieren, dass man Taschenlampe und Schrotflinte nicht gleichzeitig in der Hand halten kann. Man macht sich über die Unfähigkeit des Doom-Marines lustig, als hätte man noch nie das Wort »Spielmechanik« gehört. Ich mag das System. Ich mag das Chaos, das sich dadurch in der Dunkelheit vor einem verbirgt. Taschenlampe heben, Situation analysieren, Gegnerpositionen merken, Taschenlampe senken und das Feuer eröffnen. Von nun an hilft einem das Betätigen der Waffen dabei, sich zu orientieren. Schüsse, Explosionen und Energieladungen werden zu den neuen Lichtquellen, die zwar immer nur kurz aufflackern, einem echten Marine aber vollkommen ausreichen.

Als herauskam, dass man in der vor ein paar Jahren erschienenen Neuauflage des Spiels sowohl die Waffen als auch die Taschenlampe gleichzeitig aktiv nutzen konnte, war ich enttäuscht. Man hatte dem Spiel einen wichtigen Teil seiner Atmosphäre geraubt. Ich habe Doom 3 auch in dieser Version einige Zeit gespielt, aber sie hat ihm nicht gutgetan. Es war, als hätte man John McClane ein Paar Schuhe spendiert.

Ich bleibe beim alten Doom 3. Auch dieses Jahr werde ich es ein paar Stunden lang spielen. Um ehrlich zu sein, spiele ich es selten durch. Am meisten liebe ich an ihm den Anfang. Wenn das Chaos über die Marsstation hereinbricht wie backwütige Supermarktkund:innen über die Gemahlene-Mandeln-Ecke zur Weihnachtszeit. Irgendwie kommt da bei mir Weihnachtsstimmung auf.

Fassen wir zusammen: Doom 3 ist eigentlich kein Weihnachtsspiel. Es ist MEIN Weihnachtsspiel. Und darum werde ich euch auch nicht jedes Jahr davon erzählen.


In Doom 3 landen Dämonen auf dem Mars und halten es für ungerecht, dass die Menschheit der Meinung ist, der Mars gehöre ihr. Es entbrennt ein Konflikt, der auch mit Waffengewalt nicht sehr weihnachtlich rüberkommt.

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