Doppelte Besetzung – Doppelter Spaß!

Mario Kart. Lokal. Zu acht. Es schien ein Traum zu sein. Jahrelang hatte ich mich zu zweit in Super Mario Kart mit meinem Bruder bekriegt. Jahrelang hatte ich mit drei Freunden auf dem Double Deck von Mario Kart 64 wilde Schlachten geschlagen. Und nun war der GameCube da und mit ihm Mario Kart: DoubleDash!! Mit zwei Ausrufezeichen, denn bei Double Dash wird alles verdoppelt. Schon die Packung versprach etwas ungelenk: „Doppelte Besetzung – Doppelter Spaß!“ – Allerdings inkonsequenterweise nur mit einem Ausrufezeichen. Doppelt so viele Charaktere pro Kart (2), doppelt so viele Items (sehr viele), doppelt so viele Ausrufezeichen wie grammatisch zulässig (2) – und doppelt so viele lokale Mitspieler (acht!!!!!!!!)

Wie das geht bei vier Controllerports? Das Zauberwort lautet: Peripherie. Ich bin ein Zubehörmuffel. Kein 64DD, kein Expansion Pak, keine Mikrofone, Tastaturen und Kameras (mit Drucker). Das ist mir alles suspekt und meistens viel zu teuer für die zweieinhalb Verwendungsmöglichkeiten. Aber in diesem Fall schlug Versuchung Skepsis. Eines der rückblickend stümperhaft zusammengekloppten Fanmagazine, vermutlich die N-Zone, hatte es mir verraten: Mit einem nicht ganz günstigen Zusatzgerät könne man zwei GameCubes lokal zusammenschließen und dann zu acht Mario Kart spielen. Doppelt so viel Spaß!

Die Nachricht machte die Runde auf dem Schulhof, ein zweiter GameCube und acht Controller waren schnell beisammen. Sieben enthusiastische Mitspieler und Moritz verabredeten sich zu einer großen Schlacht in meinem Elternhaus. Moritz wurde immer letzter und die Aussicht, Achter statt bloß Vierter zu werden, war nicht sehr erbaulich.

Ich war zum lokalen Media Markt gefahren. Zwischen sinnlosen Lenkrädern und billigen Controllern mit nutzlosen Tubrobuttons fand ich, was ich suchte. Ich hatte mir die Verpackung genau eingeprägt. Zu Hause standen zwei Fernseher, zwei GameCubes, acht Controller, Getränke und Snacks. Die Gaudi würde bald starten. Die enthusiastischen Freunde trafen ein, Moritz traf ein und wir machten uns bereit für die ultimative Schlacht.

Obwohl beide Konsolen per Adapter miteinander verbunden waren, kam kein Spiel zu Stande. Kabel prüfen, Neustart. Moritz hatte das letzte bisschen Geduld aufgebraucht und wir spielten zunehmend hektisch die Möglichkeiten durch. Nochmal zu Media Markt fahren und das offenbar unbrauchbare Ding umtauschen? Doch da hatte mein technikaffinster Freund eine Eingebung – warum den Weg auf sich nehmen, wenn man doch den sehr teuren Adapter aufschrauben kann, die Kabel abtrennen und andersherum wieder anbringen könne? Es ist schließlich das allerplausibelste, dass die Kabel in der Fabrik in Japan verkehrt herum angebracht wurden. Das muss es sein. Weil er so viel über die Funktionsweise von Breitbandadaptern wusste, traute er sich Diagnose und Operation zu. Drei Faktoren ließen mich einwilligen:

  1. Ich war nicht alt und selbstbewusst genug, um offensichtlichen Mumpitz vermeintlicher Experten als solchen zu erkennen.
  2. Ich war blind vor Gier auf eine zünftige Schlacht zu acht.
  3. Ich hatte große Sorge, dass Moritz uns abspringen würde.

Ich willigte ein.

Er schraubte, schnitt, verband neu, schraubte.

Wir starteten neu.

Natürlich ging es nicht.

Dann entdeckte ich, was wirklich passiert war.

Dies ist die Packung des Breitband-Adapters:

Mit Glitzerfolie

Dies ist die Packung des Modem-Adapters:

;Wichtig: OHNE Glitzerfolie!!

Well played, Nintendo.

Dieselbe Person war auch für die Bennennung der Wii U verantwortlich.

Der Modem Adapter ist eines dieser Geräte, aus denen meine Haltung gegenüber Zubehör rührt. Ein sehr teures Gerät, das nur dafür da ist, den GameCube-Port des Dreamcast-Spiels Phantasy Star Online, nun… online zu spielen. Ich kann bis heute nicht glauben, dass Media Markt davon ausgegangen ist, dass sich jemand zu ihnen verirrt, um dieses Gerät zu kaufen.

Da saßen wir nun. Ein zerschnittener Adapter für Phantasy Star Online, 60 Euro verbrannt, ein verschwendeter Nachmittag, zwei ausgeschaltete Fernseher, sieben enttäuschte Jungs und ein recht zufriedener Moritz. Immerhin war er nicht letzter geworden.


Das war 2003. Damals erschien Mario Kart Double Dash!! für den GameCube. Ich weiß nicht, was mit den Resten des Modem Adapters passiert ist. Rückblickend wäre es das Beste gewesen, wir hätten alle für einen Breitbandadapter zusammengelegt und die Sache wiederholt. Vielleicht hätten wir viele Nachmittage großen Spaß damit gehabt. Wir haben es nicht getan. Es bleibt nur Frust.

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