Es ist noch nicht so lange her wie es sein sollte, da pflegte ich sinnlose, zeitvergeudende und nervenzehrende Streitgespräche mit anderen Menschen über Videospiele. Keine gewinnbringenden Diskussionen, sondern kleinteilige Grabenkämpfe mit engstirnigen Zorngiebeln, in denen es nur darum ging, zu gewinnen. Man sollte das nicht tun, doch ich bin leicht zu triggern und wurde ein ums andere Mal in die Schlammarena gebeten.
Besonders ausufernd wurde der Streit um Star Fox Zero. Es handelt sich um einen der wenigen verbleibenden Wii U Titel, die nicht für die Switch veröffentlicht wurden. Der Grund dafür ist vermutlich weniger der mangelnde Erfolg des Titels als die Unmöglichkeit der Umsetzung, denn Star Fox Zero wurde dafür gebaut, die zwei Screens der Konsole zu nutzen, so dass man statt per Knopfdruck per Kopfbewegung zwischen Cockpit- und 3rd-Person-Ansicht wechseln konnte. Und so dürfte das Spiel als Skurrilität mitsamt der glücklosen und schlecht vermarkteten Wii U in Vergessenheit geraten.
Das Spiel stand von Anfang an unter keinem guten Stern: Der ursprünglichen Techdemo wurde die Star Fox IP übergestülpt, die Präsentationen wirkten technisch schwach und am Ende stand ein Spiel, das wie ein Aufguss von Lylatwars mit Steuerungsgimmick wirkte. Auch ich hatte keine hohen Erwartungen, aber ich freute mich auf das Spiel. Ich hatte Lust, mal wieder eine Weltraumschlacht mit den alten Haudegen des Starfox-Teams zu schlagen.
Weil die reine Ankündigung für manche Menschen offenbar eine schlimme Provokation war, durften sie endlich mal wieder mit Mistgabeln in die Schlacht ziehen. Meinem dezenten Hinweis, man solle das finale Produkt abwarten folgte die erwähnte Grundsatzdiskussion, die mich komplett zermürbt und aufgerieben hatte, noch ehe das Spiel erschienen war. Und so lastete beim Anwerfen des Spiels ein Schatten über dem Erlebnis. Ich wollte Recht damit haben, dass es zumindest nicht unausweichlich Mist werden würde. Ich vertraute Shigeru. Ein bisschen. Und so tastete ich mich vorsichtig durch die ersten Level in der Hoffnung, meine Argumentation validiert zu sehen.
Zum Glück sind Videospiele – gerade von Nintendo – besser als kaum etwas anderes dazu geeignet, solche kleingeistigen Gedanken einfach zu vaporisieren. Und zwar, weil sie Spaß machen. Direkt in mein limbisches System hinein. Anstatt bangend zu analysieren, saß ich grinsend vor dem Fernseher und freute mich, die Stimme von Peppy Hare zu hören. Mein alter Wingman war wieder da, mich zu motivieren und mich wie zu Hause fühlen zu lassen. Ich war euphorisiert, als ich mit einem kurzen Blick auf den Screen genau Maß nahm, zehn Drohnen vaporisierte, aufblickte und auf dem großen Screen sah, wie mein Arwing durch die Trümmer der präzise erlegten Feinde glitt. Egal, wie die vorbeiflitzenden Texturen der umgebenden Felsen dabei aussahen. Ich fühlte mich mächtig, als ich mein Raumschiff mitten im Flug durchs All optional(!) auf einem feindlichen Kreuzer per Direktverwandlung zu einem Walker werden ließ, ihn betrat und von innen zerstörte.
Und nun zoomen wir hinein in meinen großen Moment: Ich kämpfe mit meinem Team gegen eine feindliche Flotte, als plötzlich ein riesengroßes Schlachtschiff aus dem Starfox-Pendant des Subraums erscheint. Es verfügt über einen undurchdringlichen Schutzschild. General Pepper warnt mich, aus der Schusslinie zu gehen, sein Schuss aus der Great Fox prallt aber humorlos am mächtigen Schild ab. Alle Hoffnung scheint verloren. Doch ohne, dass es mir jemand sagt, entdecke ich, dass sich der Schild rund um den Laserstrahl öffnet – was auch total logisch ist! Ich nutze die Chance und schiebe mich am gigantischen Todesstrahl vorbei durch den Schild, was von einer der wenigen, sehr taktvoll eingesetzten Slow-Mos belohnt wird, während Fox per Funk durchgibt, dass er durch ist. Dann transformiere ich den Arwing erneut in den Walker und mache mich auf in den innersten Kern der Höllenmaschine, um den Tag zu retten.
Dabei lächele ich all die sinnlosen, kleinteiligen Idiotendiskussionen weg und verspreche mir selbst, mich nie wieder auf dieses Niveau herab zu begeben. Denn bei aller Liebe zu Analysen, Diskussionen und Ranglisten spiele ich einfach gerne Videospiele. Ich mache meine Barrel Roll und freue mich an harmlosen Raumschiffexplosionen in Comicgrafik. Und die Freude kann mir keiner nehmen. Was ich mir trotz aller Weisheit ebenfalls nicht nehmen ließ: Noch ein letztes Mal zu einem verbalen Rundumschlag gegen all die Nasen auszuholen, die mir das Spiel versucht hatten, madig zu machen, ohne es je gespielt zu haben. Ich hatte mit allem Recht. Sie waren Idioten. Und widerlegt. Es war befriedigend. Aber ich bin jetzt darüber hinweg. Wirklich.
Star Fox Zero erschien 2016 für die Wii U, verkaufte sich miserabel und wurde auch von Kritikern durchwachsen aufgenommen. Manche glauben, es habe der Franchise nachhaltig geschadet und wir würden so schnell kein weiteres Spiel mit Fox McCloud erleben. Mag sein. Es hätte besser sein können. Aber anstatt mich mit anderen über Spiele zu streiten, schreibe ich heute für eine Videospielseite ohne Kommentarfunktion. Live and Learn.
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