Der wilde Besänftiger

Die ersten Bit.Trip-Spiele, alle zunächst exklusiv für WiiWare, hatten bereits gut vorgelegt. Es waren wunderschöne kleine Musik-Erfahrungen, die viel Geschick erforderten. Bit.Trip Runner stach aber besonders hervor, was nicht zuletzt auch dem Soundtrack zu verdanken war.

Denn was Matthew Harwood vor einem Jahrzehnt für Gaijin Games komponiert hat, ist nicht einfach nur die musikalische Untermalung zu einem Spiel. Für mich war es der Zugang zu einem Genre, das ich als eintönig empfand. Alle sieben Hauptstücke sind von der ersten bis zur letzten Note ein großer Spaß. Flächiger Synthesizer-Sound, ein Wechsel von tiefen und hohen Klangfolgen und dann der treibende, auf den unausweichlichen Höhepunkt hinarbeitende Beat – diese Musik holte mich ab und riss mich mit. Ich war wirklich schwer veriebt in Commander Video und seinen Bit-Pop-Soundtrack. Bis heute ist es mir unmöglich, beim Hören nicht ständig im Takt mitzuwippen.

Es heißt: Liebe besänftigt jedes noch so wilde Tier. Das gilt auch für Bit.Trip Runner. Denn obwohl das Spiel bei Fehlern unverzeichlich ist und dich ohne Gnade direkt an den Start zurücksetzt, milderte sich mein breites Grinsen ob der flotten und fröhlichen Untermalung erst ab dem zehnten Fehlversuch langsam ab. Selbst wenn ich irgendwann innerlich zu kochen begann und die Wii-Fernbedienung in den Flachbildfernseher donnern wollte: So bald erst wieder die Musik ein paar Sekunden lief, saßen die Mundwinkel an der bekannten Stelle. Ich war vernarrt in den Sound. Ich lernte den Rhythmus auswendig, um eins mit ihm werden zu können und ihm auch die letzte Note zu entlocken.

Jeder Hass auf die Unmöglichkeit einer Aufgabe oder eben die eigene Unfähigkeit ist schlussendlich doch Liebe gewichen. Da erzählen sie dir heute etwas von Yoga, um die innere Mitte zu finden – mich hat Bit.Trip Runner gezähmt. Musik und Spiel sind eine perfekte Symbiose eingegangen, die mich überwältigt, geknebelt und so schnell nicht wieder losgelassen hat.


Bit.Trip Runnner (2010) wurde von Gaijin Games entwickelt. Der Soundtrack ist bei Bandcamp erhältlich. Das Studio trägt heute den Namen Choice Provisions und hat vor zwei Jahren mit Runner 3 (Switch, PC, PS4) neue Maßstäbe gesetzt – spielerisch und musikalisch. Für den einzigartigen Sound ist wieder Matthew Harwood verantwortlich.

This post is also available in: Englisch

Share: