Wenn man mich nach Humor in Videospielen fragt, hat die Antwort definitiv irgendwas mit einem eher schlecht als recht Opern-Arien singenden Scheißhaufen zu tun. Richtig, mein vielleicht lustigster Spielmoment sind singende Fäkalien! Das passt ja auch, denn Humor ist bekanntermaßen eine Geschmackssache.
Geht man danach, muss man allerdings festhalten: So richtig schmeckt Videospieler:innen eine ordentliche Portion Fröhlichkeit nicht. Denn Videospiele sind selten so richtig lustig. Das heißt natürlich nicht, dass Videospiele keinen Spaß machen und nicht für Lacher Sorgen. Einen aus den Bahnen laufenden Banküberfall in GTA finde ich genauso amüsant wie den hanebüchenen Slapstick im Goat Simulator. Gerade letzterer zeigt gut auf, wie Spiele die Lachmuskeln strapazieren wollen: Oft sind es einfach Spielmechaniken, die gezielt chaotisch sind, und dadurch unterhalten. Das gilt für den Stachelpanzer in Mario Kart genauso wie für grobmotorische Operationen im Surgeon Simulator.
Trotz solcher Lacher: Wenn ich darüber nachdenke, ob ich schon mal ein wirklich humoriges Spiel gespielt habe, lande ich sofort bei Conker’s Bad Fur Day und dem „Great Mighty Poo“. Und das geht nicht nur mir so.
Conker’s Bad Fur Day ist ein historisch bemerkenswertes Spiel. Der ursprünglich zuckersüße Plattformer für Kinder mutierte in seiner Entwicklungsphase zu einem Spiel über ein latent frivoles Eichhörnchen. Für mich selbst war es vor allem eine teure Investition, schlug das Modul doch mit damals exorbitanten 170 Deutschmark zu Buche. Und doch musste ich es haben, denn so etwas wie Conker’s Bad Fur Day hatte ich noch nicht erlebt. Zwar war das irgendwo zwischen Jump’n Run und Third-Person-Shooter angesiedelte Gameplay ziemlich durchschnittlich, das war aber vor allem ziemlich egal. Denn Conker bezog seine Attraktivität nicht aus den spannenden Spielpassagen oder kuriosen Spielideen – sondern einfach aus seiner schieren Freude an anarchistischem Humor. Auch, wenn viele Witze heute doch sehr in manchmal zweifelhaften „Jungs-Humor“ abdriften: 20 Jahre später kann ich mich an kein Spiel erinnern, dem der Witz wichtiger als der Inhalt war. Im Stil einer Filmkomödie trieb mich Conker von Gag zu Gag, was dazwischen zu tun war, scheißegal. Ich kann nicht mehr beantworten, was ich rund um die Gesangseinlage des Great Mighty Poo tun musste, und vermutlich war die Aufgabe auch nicht besonders anspruchsvoll, spaßig oder clever. Die ersten Strophen des singenden Kackhaufens kann ich aber heute noch mühelos anstimmen.
Dabei glaube ich nichtmal, dass Conker’s Bad Fur Day außergewöhnlich lustig war. Ich glaube, es war ganz okay lustig. Aber hey, wo sind die anderen Videospielkomödien? Klar, Day of the Tentacle oder Psychonauts waren schon auch ganz witzig. Aber auch immer clever. Doch was mir seit Conker einfach fehlt – ein Spiel, bei dem ich mich aber auch ein bisschen für den stumpfen Humor schämen darf, dem nichts wichtiger ist als die Punchline. Videospiele sind ein Unterhaltungsmedium. Schade, dass es sich dabei fast immer sehr ernst nimmt. Denn neben all den (pseudo-)tiefgängigen Erfahrungen und komplexen Spielmechaniken wäre eine seichte, interaktive Komödie manchmal genau die Abendunterhaltung, mit der man mich an das Gamepad locken könnte. Selbst, wenn dabei nicht mit hochwertigen Spielerfahrungen, sondern einfach mal wieder mit Scheiße um sich geschmissen wird.
Im Gegensatz zu Katzen haben Eichhörnchen offenbar nur zwei Leben: Denn Conker’s Bad Fur Day erschien nicht nur für das Nintendo 64, sondern Jahre später noch einmal als „Conker: Live & Reloaded“ auch auf der Xbox 360. Ein Nachfolger wurde zwar oft gefordert, allerdings leider nie umgesetzt.
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