2020 = ♡

PART 1

2020 war ein gelinde gesagt komplexes Jahr. Und so froh eigentlich alle sind, dass es nun vorbei ist: Zum Start des neuen Jahres blicken wir bei WALL JUMP erstmal mit Liebe zurück. Welche Augenblicke haben uns 2020 beim Spielen eigentlich besonders berührt?

The Last of Us Part II

Mirko Lemme

Mir haben Videogames schon viele Emotionen abgefordert. Freude, Lust, Frust, Triumph und Enttäuschung. Auch Trauer war dabei. Doch die hilflose Verzweiflung, die ich am Ende von The Last of Us Part 2 gespürt habe, bleibt bislang einmalig.

Die Szenen, die sich kurz vor dem Abspann abspielen, sind Thema zahlreicher Kontroversen und das – die toxischen Trollkommentare beiseite gelassen – nicht unbegründet. Im Lexikon der abgedroschenen Gaming-Begriffe würde der, naja, nennen wir ihn „Bosskampf“ als Veranschaulichungsexemplar beim Begriff „Ludonarrative Dissonanz“ stehen.

Medien können mich bis ins Mark erschüttern, wenn Sie mir Geschichten erzählen, die meine Vorstellung von allem was falsch ist bis aufs äußerste strapazieren. Was aber, wenn ich selbst falsch bin, falsche Entscheidungen treffen muss, wie in einem Fiebertraum tue, was ich eigentlich nie tun würde? Und wenn ein Spiel das mit mir macht, ist es dann genial oder nur schlecht designt?

Ich habe geflucht und geweint und den Bildschirm angeschrien.

Während sich meine Gedanken überschlugen, ein Teil von mir im Spiel bei Ellie und Abby feststeckte und ein andere Teil im Meta-Dialog mit den Entwickler*innen, lösten sich meine Fragen auf und mündeten in der Erkenntnis, die ich so oft schon meinen Non-Gamer-Freund*innen vermitteln wollte: Das hier, diese Nähe und Intensität, kann dieses Medium, und nur dieses Medium erschaffen. Im Guten wie im Schlechten, in richtig und in falsch.

Ich war nicht einverstanden mit dem, was dort auf dem Screen geschah und konnte doch nur weitermachen. Es war unvermeidlich, die Regeln des Gamings und des vorigen Verlaufs geboten mir, zu handeln, während sich jede Faser in mir weigern wollte. Ich habe geflucht und geweint und den Bildschirm angeschrien. Das war nicht „schön“ im eigentlichen Sinn, aber wie als Parallele zu einem Ausnahmejahr wie diesem mein Gaming-Moment 2020.


Rocket League

Thomas Steuer

Mein Gaming-Moment des Jahres war weniger ein einzelner Augenblick als vielmehr ein Ritual, das sich in diesem verrückten Jahr mehr und mehr verselbstständigt hat.

Es waren die Feierabendsessions bei Rocket League, einem E-Sport-Klassiker, den ich zum Release und einige Jahre später jeweils nur kurz gespielt und zwar gemocht, aber mangels motivierter Mitspieler auch schnell wieder beiseite gelegt hatte. Mittlerweile spielen zwei meiner ältesten Freunde und ich sehr regelmäßig unmittelbar nach Feierabend kompetitiv im 3-on-3 bei Rocket League. Ein Stündchen meistens, als digitaler Stammtisch zum Runterkommen. Und das freut mich aus vielerlei Gründen. Nicht nur aufgrund der physischen Kontaktbeschränkungen aktuell. Sondern weil sich unser Dreiergespann seit der Xbox360-Ära mal wieder dauerhaft auf ein Game einigen kann, das uns alle begeistert, bei dem wir uns gegenseitig beim Besserwerden zusehen können und dass trotzdem nicht zu viel Konzentration erfordert, sodass wir nebenbei auch über den tristen Alltag dieses Jahres bullshitten können. Rocket League hat sich dadurch nach all den Jahren doch noch zu einem Herzensgame für mich entwickelt. Ein Ergebnis, das wir auch den neuen Crossplay-Funktionalitäten zu verdanken haben. Denn die letzten Jahre war unsere Runde zwar in der Sache stets vereint, in den Farben jedoch getrennt. Die beiden auf der PS4 und ich auf der Xbox One. Diese Hürde ist bei Rocket League und anderen Titeln zwar längst gefallen, aber insgesamt leider noch nicht als Standard etabliert.

Rocket League hat sich dadurch nach all den Jahren doch noch zu einem Herzensgame für mich entwickelt.

Für 2021 wünsche ich mir daher, ob mit oder ohne Pandemie, weniger Wagenburgmentalität und (noch) mehr gemeinsames Spielen, über alle Plattformen hinweg.


dataDyne

Joshua Hampf

Trotz einiger Titel, die ich dieses Jahr aktiv und lange gespielt habe, ist mein Gaming-Moment des Jahres 2020 ein durchweg passiver Moment. Genauer: Ein knapp zweiminütiger Ankündigungstrailer – ohne jegliche Gameplay-Szenen und ohne Hinweis auf das Veröffentlichungsdatum. Das ist nicht unbedingt rational, aber wenn das persönliche Spielehighlight der eigenen Videospielhistorie nach über 20 Jahren plötzlich doch noch einen Nachfolger erhält, schießt Emotionalität jegliche Rationalität in den Wind.

Herrlich! Mein Lieblingsspiel kehrt also nach all den Jahren tatsächlich noch einmal zurück auf die große Bühne.

Bei jeder E3-Pressekonferenz von Microsoft in den vergangenen Jahren hatte ich insgeheim darauf gehofft – und obwohl ich im Vorfeld eigentlich absolut sicher war, dass es nicht passieren wird, war ich nach der alljährlich fehlenden Ankündigung trotzdem immer ein bisschen enttäuscht. Völlig unverhofft gab es im Rahmen der Game Awards 2020 dann plötzlich doch diesen einen Trailer: Agenten-Feeling mit modernen Spy-Gadgets, hier und da eine kleine (versteckte) Hommage an den Vorgänger und bei der abschließenden Kamerafahrt auf das Dach eines Hochhauses erscheint das so vertraute dataDyne-Logo. Großartig Inszenierung. Und spätestens beim nostalgischen Titel-Schriftzug am Ende werden dann auch die letzten Zweifel endgültig beseitigt: Auf den Game Awards 2020 wurde tatsächlich ein neues Perfect Dark angekündigt!

Das brandneue Entwicklerstudio The Initiative scheint zudem eine grandiose Wahl für die Weiterentwicklung der IP zu sein, denn schon die ersten kleinen Infohappen zum Entwicklungsprozess lassen das Retro-Herz höherschlagen. Die Entwickler*innen legen großen Wert darauf den Geist des N64-Titels zu bewahren und somit eine Brücke zwischen Klassiker und Neu- / Weiterentwicklung zu schlagen. Herrlich! Mein Lieblingsspiel kehrt also nach all den Jahren tatsächlich noch einmal zurück auf die große Bühne. Was sonst sollte denn meinen Gaming-Moment 2020 markieren?!


info
Die WALL JUMP Momente 2020 – Teil 2

Am 6. Januar folgt Teil 2 der besten Gaming-Augenblicke der WALL JUMP Redaktion. Bleibt dran!

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